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Fachvortraege von Kerstin Usinger Kinderorthopaedin
Über mich

Kindliche Fußdeformitäten,
am 15.03.2018  Deutschnofen/Italien

Erkrankungen der Halswirbelsäule und der oberen Extremitäten,
am 11.11.2017 (6. Rheinhessischer Fliegerarzttag)

Vortrag zur Aufnahme in die Vereinigung für Kinderorthopädie
am 15.03.2014, Bonn

Vortragstitel:     „How to treat – multiple congenitale Fehlbildungen der Fußwurzel“

Erstanamnese:

Erstvorstellung:

12 Jahre altes Mädchen, seit ca. 9 Monaten lateraler linksseitiger Fußschmerz.

Seit Jahren ausgeprägte Fußlängendifferenz, Schuhgröße links 38, Schuhgröße rechts 42, weitere Anamnese unauffällig. Menarche mit 12 Jahren und 2 Monaten.

Keine Skelettanomalien bzw. Stoffwechselstörungen in der Familie, gesunde Halbschwester.

 

Klinische Untersuchung:

Fußlängendifferenz 3 cm zu Ungunsten der linken Seite, bei fixierter Ferse Einschränkung der Pronation im USG mit links 5° zu rechts 40°.

Im Stand varische Einstellung des linken Calcaneus, rechtsseitig Fersenvalgus, der sich im Zehenstand neutralisierte.

 

Röntgen linker Fuß in 3 Ebenen im Stehen:

Verdacht einer Coalitio zwischen dem Os cuneiforme mediale und intermedius, Deformität des Os naviculare mit talonavicularer Subluxation. Verdacht auf Coalitiones talocalcaneare und talonaviculare.

Empfehlung: Abklärung mittels Dünnschichtcomputertomographie

 

Weiterer Verlauf:

Aus familiären Gründen Wiedervorstellung erst zwei Jahre später im Alter von 14 Jahren und 5 Monaten.

Teilnahme am Schulsport nicht mehr möglich.

Mittlerweile täglicher lateraler, überwiegend belastungsabhängiger, linksseitiger Fußschmerz.

Klinisch ausgeprägtes linksseitiges Schonhinken mit pathologischem, nahezu aufgehobenem Abrollen des Fußes und persistierender lateraler Schwellung über dem linken USG.

Im Vergleich zur Voruntersuchung war linksseitig der Fersenstand nicht mehr vorführbar, der Zehenstand äußerst schmerzhaft. Verkürzung des linken Fußes mit zusätzlich ausgeprägter Verplumpung und erheblichem Fersenvarus im Stand.

 

Computertomographie:

Abflachung des Os naviculare mit medialer Subluxation. Inkongruenz zwischen dem Os calcaneus und dem Os cuboideum. Partielle Coalition zwischen dem Os cuneiforme mediale und Os cuneiforme intermedius. Verdacht auf Coalitio zwischen Os naviculare und Os cuboideum.

 

Procedere:

Zunächst langfristige Schulsportbefreiung.

Orthopädietechnische Versorgung in Form von sensomotorischen Einlagen mit carbonversteifter Sohle links.

Nach der Versorgung war bei der dynamischen Untersuchung eine vermehrte Außenrotation des linken Fußes auffällig. Verordnung einer Gangschule und einer Einlagenkorrektur. Weiterhin ausgeprägte Schmerzen und Schwellungszustände bei Gehstrecken größer 1000 Meter.

 

Fragestellung:

Verbesserung der Lebensqualität / Konservatives versus operatives Vorgehen

Skoliose bei Spina bifida
(Zusammenfassung des Vortrags vom 20.04.2013 in Königswinter)

Eine seitliche Wirbelsäulenverkrümmung, die sogenannte Skoliose, tritt bei der Spina bifida aufgrund von Wirbelkörperfehlbildungen bzw. als eine Lähmungsskoliose auf.
Beachtenswert ist, dass  70% aller Spina bifida Patienten im Alter von 6 Jahren bereits unter einer Skoliose leiden.

Die Wirbelkörperfehlbildungen liegen z.B. in Form von sogenannten Halbwirbeln oder unvollständiger Trennung der Wirbelkörper (unsegmented bar) vor.

 

Die Lähmungsskoliose entsteht durch eine Schwäche der Rumpfmuskulatur bei bestehender Querschnittslähmung auf. Je höher das Lähmungsniveau ist, desto wahrscheinlicher ist die Entwicklung einer Skoliose.
Die Skoliose wird in diesem Fall durch Verdrehung der Wirbelkörper (Torsion) in sich  und auch gegeneinander (Rotation) ausgelöst.

 

Neben der Skoliose kommt es bei Spina bifida Patienten sehr häufig zur krankhaften Krümmung der Wirbelsäule nach hinten (dorsal). In diesem Fall spricht man von einer Hyperkyphose. Wenn sich diese dorsale Auskrümmung spitzbogig darstellt, liegt ein sogenannter Gibbus vor. Diese Form der Wirbelsäulenfehlstatik tritt (in Abhängigkeit von der Literaturquelle) bei 20-45% der Spina bifida Patienten auf.

 

Skoliosen können grundsätzlich konservativ, d.h. nicht operativ, oder mittels verschiedener Operationsmöglichkeiten therapiert werden.

 

Bei Spina bifida Patienten ist die Möglichkeit der konservativen Therapie sehr begrenzt. Die klassische Korsettversorgung kann die ohnehin oft eingeschränkte Atemfunktion noch weiter beeinträchtigen.
Zudem ist zu beachten, dass aufgrund der Sensibilitätsausfälle (vermindertes Gefühls-empfinden) und damit verbundener Schmerzunempfindlichkeit, die bei Spina bifida Patienten häufig im Rumpfbereich besteht, Druckstellen und Geschwüre entstehen können, die von den Patienten zunächst nicht bemerkt werden.
Da die Durchblutung der Haut in den schmerzunempfindlichen Arealen ebenso beeinträchtigt ist, ist die Wundheilung verlangsamt und es können Wunden entstehen, die u.U. nur durch chirurgische Maßnahmen therapiert werden können. Ähnliche Probleme treten auf, wenn die Rollstuhlversorgung nicht optimal ist und es zu Druckstellen durch die Sitzschale kommt.

 

Mittlerweile stehen uns moderne Skoliose-Korrektur-Systeme zur Verfügung, die bereits im Kleinkindesalter eine Operationsmöglichkeit bieten.
Die Vorteile einer frühzeitigen Operation liegen in der Rumpfstabilisierung zur Verbesserung der Sitzposition im Rollstuhl aber auch in der Unterstützung des Erlernens einer Steh- bzw. einer Gehfunktion.
Zudem wird durch eine aufrechtere Haltung die Atmungsfunktion verbessert; die Häufigkeit von Atemwegsinfekten kann somit vermindert werden.

 

Eine abwartende Haltung bis zum Wachstumsabschluß führt oft zum massiven Fortschreiten der Skoliose bzw. des Gibbus und damit zur eingeschränkten Behandlungsmöglichkeit bzw. unnötigen Erhöhung des OP-Risikos.

 

Für welches stabilisierende bzw. korrigierende System sich letztendlich nach ausführlicher Beratung mit den Eltern entschieden wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
U.a. sind das Lebensalter/Restwachstum und das Körpergewicht entscheidend. Zudem spielt es eine Rolle, ob das Kind abhängig vom Lähmungsniveau gehfähig ist oder sein wird.
Begleiterkrankung, die eine Operationsfähigkeit einschränken können, müssen berücksichtigt werden ebenso die Flexibilität der Krümmung oder des Gibbus.

 

Bei Kleinkinder und Kinder, deren Brustkorblänge unter 18 cm liegt, empfehlen wir mitwachsende Systeme, z.B.  die Implantation eines VEPTR-Systems. Hierbei handelt es sich um verlängerbare Titanrippen (vertical expandible prosthetic titan ribs). Diese können entweder auf einer Körperhälfte oder parallel rechts und links der Wirbelsäule eingesetzt werden.
Im Abstand von 4-6 Monaten erfolgt in einer kurzen OP (ca. 20-40 Minuten) ein Nachspannen der Titanrippen; üblicherweise können die Kinder bereits am Folgetag wieder vollständig mobilisiert entlassen werden.
Nach Abschluß des Wachstums kann dann auf ein versteifendes System (Fusion der Wirbelsäule) gewechselt werden, das lebenslang implantiert bleibt.

 

Im Allgemeinen wird die Implantation des VEPTR-Systems gut toleriert. Durch die Aufrichtung des Rumpfes verbessern sich die Atmungsfunktion und die Nahrungsaufnahme. Ein Fortschreiten der Wirbelsäulenverkrümmung wird verhindert. Die Mobilisation im Aktiv-Rollstuhl oder Gehorthesen wird häufig erst nach der OP möglich.
Selbstverständlich bestehen auch bei diesem Eingriff Risiken bzw. unerwünschte Verläufe.
Insbesondere sind hier Wundheilungsstörungen im Narbenbereich, Implantatlockerungen und Rippenfrakturen durch Durchwanderung der Befestigungsringe zu erwähnen.

 

Bei bereits ausgewachsenen Patienten bzw. bei einer Brustkorblänge von über 18 cm, bei der von einem ausreichenden Lungenvolumen ausgegangen werden kann, werden versteifende Systeme gewählt. Diese können je nach Lokalisation der Krümmung von vorne oder hinten oder auch in kombinierten Operationsverfahren eingesetzt werden.

 

Sollte bereits vor der OP eine sehr starre, unflexible Skoliose bzw. Kyphose bestätigt worden sein, so bietet sich eine Vorbehandlung mit einer HALO-Extension an.
Hierzu wird im Schädelknochen ein Ring mit 4 – 6 Schrauben befestigt, der den Kopf wie einen Heiligenschein (englisch HALO) umschließt. An diesem Ring werden über eine Umlenkrolle Gewichte gehangen. Langsam, täglich steigernd kann dann ein senkrechter Zug von 30-40% des Körpergewichts auf die Wirbelsäule einwirken und somit bereits vor der OP eine Korrektur der Krümmung erreicht werden.
In dieser vorgespannten Stellung erfolgt dann das operative Einbringen der Implantate.

 

Bei einer sehr unflexiblen Kyphose bzw. einem Gibbus besteht bei Spina bifida Patienten zudem die Möglichkeit einer Gibbusentfernung. In diesem Fall werden die Wirbelkörper, die die Ausstülpung nach hinten bilden, entfernt. Die Rückenmarkshäute werden sorgfältig vernäht und abschließend erfolgt dann die Stabilisierung der Wirbelsäule mit einem versteifenden Stabsystem oder mitwachsendem System (z.B. VEPTR).